Sie sind hier: Startseite » Fachartikel » Hintergrund

AI als Kollege im Service Desk


Chancen und Grenzen künstlicher Intelligenz: Wie AI das Service Management verändert
Der Nutzen von AI: ITSM bietet gleich mehrere Anknüpfungspunkte. Sie reichen vom First Level Support über das Asset- und Problem Management bis hin zur Prozessoptimierung


Von Fabian Henzler, Director Product Marketing bei Matrix42

Alle reden von Artificial Intelligence, um AI gibt es einen regelrechten Hype: Die Erwartungen sind enorm, die Ziele oft vage, konkrete Lösungen noch selten. In diesem Beitrag wird erläutert, welche Auswirkungen AI auf das IT Service Management (ITSM) in Unternehmen haben wird – und wo die Grenzen liegen.

In Gartners "Hype Cycle for Emerging Technologies" vom August 2017 lag AI – vertreten durch Deep Learning und Machine Learning (ML) – ganz an der Spitze der Hype-Kurve. Wie es weitergeht, ist klar: bergab. Überzogene Hoffnungen werden enttäuscht, bevor die neue Technologie dann letztlich Einzug in den Alltag findet. Bei Deep Learning und ML wird dies laut Gartner zwei bis fünf Jahre dauern, bei AI-basierten Virtual Assistants fünf bis zehn. Aber AI wird kommen.

Woher also die Enttäuschung? Heute herrscht oft die Erwartung vor, man könne AI als Produkt kaufen, und plötzlich funktioniere alles viel besser. Doch künstliche Intelligenz wird nicht auf dem Silbertablett serviert: Auch der AI-Einsatz erfordert Planung, Budget und Organisation, Unternehmen müssen geeignetes Personal finden, und die Implementierung wird – wie immer in der IT – Zeit und Nerven kosten.

Zunächst aber ist zu klären, wo AI überhaupt nützt. ITSM bietet gleich mehrere Anknüpfungspunkte. Sie reichen vom First Level Support über das Asset- und Problem Management bis hin zur Prozessoptimierung.

Viele kennen AI aus dem privaten Umfeld: Virtuelle Assistenten wie Alexa, Siri oder Google Home beantworten auf Zuruf Fragen oder stoßen einfache Aktionen an. So versteht es sich fast von selbst, dass AI an der Schnittstelle zwischen Endanwender und Service Management große Vorteile bietet: beim First Level Support. Dank Microsofts Bot Framework lässt sich solche Funktionalität in Service-Desk-Lösungen integrieren. Mit Chatbots und Virtual Agents kann eine IT-Organisation die Annahme von Trouble Tickets vollständig digitalisieren – sogar bis hin zur Störungsbehebung.

Ein Beispiel: Erhält ein Anwender eine unerklärliche Fehlermeldung, hilft AI-gestützte Bilderkennung bei der schnellen Behebung des Incidents. Ein Chatbot fordert den Anrufer auf, einen Screenshot des Fehlers zu senden; die Service-Management-Lösung analysiert den Screenshot mittels AI, erkennt den Fehler, füllt das Ticket aus und leitet es weiter. Die Software trackt die Incidents, und nach mehrmaliger deckungsgleicher Fehlerbehebung schickt sie dem nächsten Anrufer automatisch den Link zum passenden Knowledge-Base-Artikel zur Selbsthilfe auf sein Smartphone.

Ein anderes Szenario: Der Anwender meldet eine Störung mit "Alexa, mein PowerPoint stürzt immer ab." Die AI-gestützte Service-Management-Lösung kennt den Nutzer wie auch dessen Rechner. In der Knowledge Base ermittelt sie die beiden Lösungsvarianten. Alexa antwortet: "Sie können eine automatische Neuinstallation von PowerPoint anstoßen, das dauert 30 Minuten. Oder Sie können ein Austauschgerät erhalten, das dauert zwei Stunden."

Der Nutzer entscheidet sich: "Neuinstallation!" Die Service-Desk-Software stößt dies im Idealfall per integrierter Workspace-Management-Lösung direkt an. Eine halbe Stunde später meldet Alexa dem Nutzer den Abschluss der Installation und fragt nach seiner Zufriedenheit. Er gibt fünf Sterne für den perfekten Service, das Ticket wird automatisch geschlossen.

Integration ist der Schlüssel
In beiden Fällen ist die Einbindung der AI in das Service- und Workspace Management elementar: Dank Integration in das Active Directory, die ITSM-Lösung, die Knowledge Base und die CMDB kennt die AI-Software die Rolle des Endanwenders, seine IT-Ausstattung und Lösungswege. Bei Zugriff auf das Projekt-Management-Tool weiß sie sogar, ob der Anrufer in der heißen Phase eines Projekts steckt und deshalb priorisiert zu bearbeiten ist. Dies sorgt für kundenfreundliche Abläufe sowie zeit- und kostensparende Prozessautomation.

Doch virtuelle Agenten bringen bei Routine-Incidents noch weitere Vorteile: Mitarbeiter im First Level Support müssen selbst angesichts verärgerter oder gestresster Kunden stets freundlich bleiben – für Alexa und Co. kein Problem. Die Technik ist zudem längst so ausgereift, dass ein Virtual Agent sogar die Stimmung des Kunden an dessen Stimme erkennt – und so den wütenden Vorstand gleich zum Second Level Support durchstellen kann.

Für den Service Desk bedeutet dies: Virtual Agents werden als vorgeschaltete Support-Instanzen helfen, zeitraubende Routinefälle zu automatisieren. So kann sich das IT Team besser um das anspruchsvollere Exception Handling kümmern. Denn AI wird die Support-Kollegen aus Fleisch und Blut bis auf Weiteres nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen: Komplexe Problemfälle erfordern Intuition, soziale Kompetenz und Wissen um den Geschäftskontext – da stößt AI an Grenzen.

Hinter den Kulissen
Ihre Stärken kann AI "hinter den Kulissen" erst so richtig ausspielen. So vereinfacht z. B. Machine Learning zusammen mit Big-Data-Analysen die Inventarisierung, das Asset- und das Configuration Management: ML-Tools erlernen in Massendatenbeständen schnell die Zusammenhänge zwischen Assets, Usern und Services – selbst wenn diese in den diversen Datentöpfen nicht identisch, sondern nur ähnlich bezeichnet sind (z. B. mal "Office365", mal "Microsoft Office 365").

Denn AI kann mit semantischer Unschärfe umgehen und ist – anders als die klassische Schlagwortsuche – nicht auf identische Begriffe angewiesen. So kann man Assets automatisch einem Service oder einer Applikation zuordnen (Application Dependency Mapping, ADM), analysieren und visualisieren. ADM ist heute noch sehr kostspielig; ein ML-gestütztes Service Management wird künftig automatisiert generierte Service Maps auch dem Mittelstand zugänglich machen – sogar inklusive extern bezogener (Cloud-)Dienste samt Tracking der Service-Nutzung.

Mittelfristig wird AI das Problem Management beschleunigen: Bei wiederkehrenden Fehlern können ML-Tools die Ursachenforschung erleichtern, also z. B. bei gehäuften Störungen in einem Bürotrakt erschließen, dass der Etagen-Switch ausgefallen ist. Bei Bedarf kann ML-Software das Internet nach Lösungsvorschlägen absuchen – und wiederum in unterschiedlichsten Knowledge Base Lösungen finden, selbst wenn die Beschreibungen variieren. Die Lösungswege ordnet das ML-gestützte Service Management dann automatisiert dem Trouble Ticket zu.

Letztlich berührt AI sogar den Kern der IT und des Business: die Prozesse. Schon heute kann eine Fachabteilung mittels BPMN (Business Process Model and Notation) und einem Tool wie Matrix42 Workflow Studio bequem neue Workflows erstellen, die Lösung übersetzt sie dann automatisch in konkrete Konfigurationen. Künftig wird es mittels einer AI-Instanz möglich sein, diese individuellen Abläufe zu analysieren und dynamisch zu optimieren.

AI vergleicht dazu die neuen Workflows und Prozesse selbsttätig mit bestehenden Best Practices. So deckt sie Prozessfehler auf, um die IT-Prozesse – und letztlich sogar beliebige Abläufe vom Facility Management bis zum Recruiting – schneller, effizienter und kostengünstiger zu machen.

Nicht nur auf AI setzen
AI wird einen enormen Effizienzsprung bringen – im ITSM wie auch generell beim Management digital transformierter Geschäftsprozesse. Insbesondere bei der Analyse von Massendaten wird AI ihre Stärken ausspielen. Dabei hat der AI-Einsatz jedoch, wie oben beschrieben, seine Grenzen, wenn es um Kenntnis des Kontexts außerhalb der Massendaten und um soziale oder Business-Aspekte geht.

Deshalb zu guter Letzt ein Tipp: Setzen Sie nicht allein auf AI! Matrix42 Pilotkunden-Projekte haben gezeigt, dass Alexa weder in Großraumbüros noch in Einzelbüros am nachhaltigsten genutzt wird, sondern in Konferenzräumen: Immer wieder bereitet die Präsentationstechnik Probleme, deren Lösung man dann gern per Alexa anfordert - muss man aber nicht! Denn die IT kann heute schon mittels der ihnen zur Verfügung stehenden Daten problemlos ermitteln, bspw. nach welcher Nutzungsdauer eine bestimmte Beamer-Glühbirnen den Dienst versagen wird – um sie rechtzeitig auszutauschen. Das kann bereits mit Bordmitteln eines ordentlichen Service- und Asset Management passieren.

Das kostet weder viel Zeit noch viel Geld, und die Teambesprechung des Vertriebs kann dann ebenso ungestört stattfinden wie die Vorstandssitzung. Für viele solcher sofort wirkungsvollen Verbesserungsmaßnahmen braucht man weder Predictive Maintenance noch AI – nur die inventarisierten Daten und ein wenig Kreativität.

Über Fabian Henzler
Als Director Product Marketing ist Fabian Henzler für die Vermarktung aller Matrix42 Produkte verantwortlich. Er führt das Produktmarketing-Team und ist außerdem zuständig für das Relationshipmanagement und Briefing von Analysten. Er greift auf viele Jahre Erfahrung im Produktmanagement, im Vertrieb und im Marketing zurück. Er kam 2014 zu Matrix42 und war dort bis 2016 Senior Product Manager für den Bereich Workspace Management und für den Matrix42 Marketplace verantwortlich. Bevor er 2014 bei Matrix42 startete, war er in mehreren Positionen, zuletzt als Head of Product Management, bei Consulting4IT tätig gewesen, davor bei EgoSecure (früher CynapsPro) und bei Softbroker.
(Matrix42: ra)

eingetragen: 05.02.18
Newsletterlauf: 15.03.18

Matrix42: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser PMK-Verlags-Newsletter
Ihr PMK-Verlags-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Hintergrund

  • Datensicherheit auf mehreren Ebenen

    Unternehmen verlassen sich bei der Verwaltung und Bereitstellung ihrer Daten zunehmend auf Cloud-Dienstleistungen. Dadurch müssen sich die Datenverantwortlichen zunehmend mit der nötigen Datensicherheit und -integrität auseinandersetzen.

  • Schock über die Cloud-Rechnung?

    Die Relevanz von Cloud Computing-Technologie hat im vergangenen Jahrzehnt rasant zugenommen und damit auch die Anzahl an Geschäftsprozessen und Services, die Unternehmen in die Cloud auslagern. Viele Unternehmen verfolgen dabei einen "Cloud first"-Ansatz als zentralen Bestandteil ihrer digitalen Transformationsbemühungen.

  • Einführung in CRaaS

    In der Datenwelt findet ein Sicherheitswettlauf statt. Mit dem Fortschritt der Technologie entwickeln sich aber auch die Waffen und Taktiken der Cyberkriminellen weiter. Unternehmen müssen deshalb ständig ihre Performance optimieren und bessere Methoden entwickeln, um sich vor neuen Attacken und Angriffsmethoden zu schützen.

  • Wenn das Flussdiagramm in die Cloud zieht

    Business-Process-Management (BPM) hat in den letzten Jahren eine steile Weiterentwicklung hingelegt. Das Dokumentationstool von einst, dessen Zweck vorwiegend darin bestand, eine möglichst große Zahl von Prozessen präzise zu visualisieren, hat sich zu einer vielseitig vernetzbaren Technologie entwickelt, die Geschäftsprozesse systemübergreifend analysiert und überwacht, mit dem Ziel Optimierungspotenziale zu nutzen.

  • Kenntnisse über AWS-Cloud-Mechanismen

    Das Sysdig Threat Research Team entdeckte kürzlich eine ausgeklügelte Cloud-Operation, genannt Scarleteel, welche in einer Kundenumgebung, zum Diebstahl geschützter Daten führte. Der Angreifer nutzte eine containerisierte Arbeitslast aus und verschaffte sich so Zugang zu einem AWS-Konto, um geschützte Software und Anmeldeinformationen zu stehlen.

  • Den richtigen Cloud-Service-Anbieter auswählen

    Vorschriften zur Datenhoheit, wie der Data Governance Act in Europa, können für Unternehmen eine Herausforderung darstellen. Eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, den Überblick darüber zu behalten, wo Daten gespeichert sind. Zudem müssen Unternehmen sicherstellen, dass die Speicherung mit den lokalen Datenschutzbestimmungen übereinstimmt.

  • Compliance vs. oder sogar mit IT-Sicherheit?

    Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sehen sich seit Jahren mit Cyberattacken konfrontiert, die vor allem auf ihre Daten abzielen. In den letzten Jahren hat sich diese Perspektive dahingehend geändert, dass sie sich mit immer mehr Ransomware-Bedrohungen auseinandersetzen müssen. Beispiele dafür lassen sich so viele finden, dass sie nicht einzeln erwähnt werden müssen, allerdings sind in jüngster Zeit bereits Fahrradhersteller, Chemieproduzenten oder Nachrichtenmagazine darunter zu finden.

  • Data Act könnte schon 2024 in Kraft treten

    Wir erleben es jeden Tag: Datenmengen steigen ins Unermessliche. Die Prognose der EU-Kommission erwartet allein in der EU zwischen 2020 und 2030 einen Anstieg des Datenflusses in Cloud- und Edge-Rechenzentren um 1500 Prozent - kein Tippfehler. Entsprechend riesig ist das wirtschaftliche Potential, denn Daten sind der zentrale Rohstoff etwa für das Internet of Things.

  • Mit richtiger Unterstützung zum MSSP-Erfolg

    Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen heute eine ganzheitliche IT-Sicherheitsstrategie, inklusive einer 24/7-Überwachung durch ein Security Operations Center (SOC). Sie verfügen aber meist nicht über die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen, um diese Aufgabe selbst zu stemmen. Mit den richtigen Managed-Security-Angeboten schließen Reseller diese Lücke.

  • Keine Bestnoten für Deutschlands Rechenzentren

    Rechenzentren werden geplant, gebaut, in Betrieb genommen und dann viele Jahre lang mehr oder minder unverändert genutzt. Doch die Anforderungen der betreibenden Unternehmen, die technologischen Möglichkeiten und die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sich im Laufe der Zeit. Um böse Überraschungen zu verhindern, Kosten zu sparen und Risiken zu vermeiden, ist es notwendig, Defizite in Bestandsrechenzentren zu entfernen und Optimierungspotentiale zu nutzen. Hierzu sollten Rechenzentren regelmäßig einer ganzheitlichen Betrachtung unterzogen werden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen